Großer Anfang, Früher Kosmos, Viele Rätsel

Hast du eine Ahnung, wie schwierig es ist, einen Anfang zu schreiben? 

Nicht? Nun, besonders kniffelig ist es, wenn der Anfang selbst Thema ist. Ich möchte dich hier an den Urknall oder was auch immer damals passiert sein mag, als dieses Universum zu existieren begann, heranführen. 

Heikles Unterfangen! Denn so richtig weiß das eigentlich niemand. Willkommen auf dem dünnen Eis der Unwissenheit. 



Was heute als Allgemeinbildung gilt, ist eine noch gar nicht so alte Idee: Bis vor ein paar Jahrzehnten gingen Forscher auf der ganzen Welt davon aus, dass Universum sei unendlich und ewig. 

Edwin Hubble beobachtete in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts Galaxien, die sich von einander weg bewegen. Damit lieferte er die experimentelle Bestätigung der Theorie, dass sich der Raum selbst ausdehne und revolutionierte so die Vorstellung über unser Universum. 

Die Möglichkeit einer Entstehung des Universums war ein hitzig umstrittenes Thema. Ein Kritiker äußerte sich in einem Interview abschätzig über die vermuteten Anfänge und nannte sie abwertend Urknall (Big Bang). Der Ausdruck blieb hängen. Und erwies sich als wahrscheinlichstes Szenario. Heute ist es der gängige Begriff für den Anfang von allem. 

Doch was hat es denn nun genau damit auf sich? Heute ist das Universum im großen und ganzen leerer, kalter, dunkler Raum, gefüllt mit gehäuften, leuchtenden Gaskugeln, die von dunstigen oder steinigen Planeten umkreist werden. Ab und an findet man mal eine astrophysikalische Kuriosität wie ein schwarzes Loch. 

So schaut's gerade aus. Aber gehen wir mal ein paar Schritte zurück, bevor sich der ganze Kram aus sich drehenden Staubscheiben herauswand. 

Verlässlichste Informationsquelle über das frühe Universum ist die kosmische Hintergrundstrahlung. 

Damals hatte sich das junge Universum so weit abgekühlt, dass sich aus einzelnen Protonen und Elektronen neutrale Atome bilden konnte, ohne von Strahlung sofort wieder zerschossen zu werden. Diese Strahlung breitet sich seit diesem Zeitpunkt ungehindert aus, wurde 1964 zum ersten Mal nachgewiesen und liefert heute die sicherste Beschreibung, wie es 300.000 Jahre nach dem Großen Anfang im Universum ausschaute. 

Doch so richtig sicher, was nachher und vor allem vorher passiert ist, ist man sich nicht. 

Zur Zeit des Bildes, das die Kosmische Hintergrundstrahlung liefert, war das Universum unwahrscheinlich einheitlich. Ganz im Gegensatz zu dem Bild, das sich uns heute bietet, wenn man ein Teleskop auf den Himmel richtet. Anhäufungen von Sternen und Gebilden, wohin man nur schaut. Heute ist das Universum inhomogen und das deutlich mehr, als man sich mit gängigen Modellen erklären kann. 

Tasten wir uns weiter vor in Richtung des Großen Anfangs. Das was uns als Strahlung aus dem frühen Kosmos, der Hintergrundstrahlung erreicht, ist das Vermächtnis einer gewaltigen Vernichtung von Materie und Antimaterie. Beides hat sich im wachsenden und abkühlenden Raum gebildet und sich gegenseitig ausgelöscht, sobald sich dafür die Möglichkeit bot. 

Aus irgendeinem Grund, den niemand versteht, blieb dabei ein Häufchen Materie übrig. Das war der Baustein, aus dem heute das gesamte hadronische Universum besteht. 

Für diese Asymmetrie gibt es keine Erklärung und seltsamerweise lässt sie sich auch heute nicht beobachten. Bei Experimenten wie am LHC wird permanent Materie und Antimaterie erzeugt, allerdings zu gleichen Teilen. Möglicherweise tritt die Asymmetrie nur bei sehr hohen Temperaturen auf. 

Je näher wir uns an den Moment 0 herantasten, desto schwieriger wird es. 

Je jünger das Universum, desto heißer und kleiner ist es. Unter diesen feindlichen Bedingungen können keine Teilchen entstehen, erst eine rasante Ausdehnung – die sogenannte Inflation – ganz kurz nach dem vermeintlichen Urknall macht deren Entstehung möglich. Alles was davor war, ist wissenschaftliches Niemandsland.

Betreten wir also nun die Planck Welt! 

Wir bewegen uns hier auf ganz kleinen Skalen. Dabei muss sich der Physiker mit wachsenden Unsicherheiten und Schwankungen herum schlagen. Wie ein bockiger Esel verweigern die gemütlichen Gleichungen und Gesetzte ihren Dienst. Es bleibt einem nichts anderes übrig, als sich in die Gefilde der Planck-Welt zu begeben, die Welt der aller kleinsten Größen. 

Was ist jetzt daran das Besondere? In der Physik gibt es ein sehr wichtiges Prinzip. Das Unschärfe-Prinzip. Man kann bei einem Teilchen entweder den Ort, an dem es gerade ist oder seine Geschwindigkeit einigermaßen genau bestimmen. Aber nicht beides gleichzeitig. 

Soweit so gut. Jetzt kommt eine weitere Randbedingung dazu: Massen kann man nicht beliebig eng zusammen quetschen. Ab einem bestimmten Radius kollabiert das etwas und allerhand Informationen können nicht mehr entweichen. Heißt konkret, dass ein Stern, dem so etwas passiert kein Licht mehr aussendet. Dieser Radius heißt Schwarzschildradius. 

Damit genug der verwirrenden Details! Wenn wir jetzt beides zusammen werfen, kommt dabei eine neue, sehr sehr kleine Welt heraus. Die Frage ist, wie groß ist denn ein Teilchen, bei dem der Schwarzschildradius genau so groß ist, wie die Unschärferelation? 

Dabei kommt man auf eine Länge von 10 -35 m. Wenn man da jetzt geschwind mit der Lichtgeschwindigkeit rumrechnet, bekommt man daraus auch eine Zeitangabe: 10-43 Sekunden.

Und das ist es. Weiter können wir nicht gehen. Die Physik hat uns eine finale Mauer in den Weg gestellt, die wir nicht überwinden können. Es ist absolut unmöglich, herauszufinden, was passierte, als das Universum kleiner war als 10-35 Meter. 

Und noch verwirrender wird es, weil es bei dieser Ausdehnung auch kein vorher und nachher mehr gibt, denn es gibt eine Zeit an sich gar nicht. Die Physik mit ihren fundamentalen Gesetzen funktioniert einfach erst, wenn es Raum und Zeit gibt. Also erst jenseits der Planck-Sakala. Darunter kann man wegen dem garstigen Unschärfe-Prinzips nichts mehr aussagen. Ende Gelände. 

Ein frustrierendes Ende? Das muss nicht sein. Bis zu dieser unsichtbaren Grenze in Zeit und Raum kennen wir uns immer besser und besser aus. Es wird wohl schon der Urknall oder zumindest etwas sehr ähnliches gewesen sein. 

Und eine kleine Kapsel aus uneinsehbaren Möglichkeiten ist ein lauschiger Ort für alles, was sich nicht den starren Gesetzmäßigkeiten einer analytischen Wissenschaft beugen möchte. 

 

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