Warum es so schwierig ist mit Impfgegnern zu sprechen und warum sie nicht hören wollen
Es existieren eine ganze Menge Geschichten, Argumente und Beiträge darüber, das Impfungen für Kinder schädlich sind. Angeblich könnten die Kinder dabei Autismus bekommen. Oder noch viel schlimmer! Einer Heilpraktikerin in Österreich klärte in einer Lokalzeitung darüber auf, dass geimpfte Kinder anfingen zu masturbieren. (Der Artikel wurde zeitnah zurück gezogen).
Solche und ähnlichen Behauptungen kursieren im Internet und spalten die Menschheit in zwei feindliche Lager: Diejenigen, die der Schulmedizin vertrauen und das alles für Unsinn halten (die Mehrheit) und die Impfgegner, die eine große und gefährliche Verschwörung wittern.
Das Thema ist undankbar. Und das ist seltsam, denn es gibt Informationen in Hülle und Fülle. Auf beiden Seiten. Die Impfgegner beziehen sich meist auf etwas, das sie woanders gehört haben, was aber auf irgendeiner Studie oder Erhebung fußen würde. Dann kommen die Impfer und treten das in aller Breite nieder, denn es gibt haufenweise Studien, die jede Verbindung zwischen Impfung und Autismus aus der Welt schaffen. Hören will das nur niemand. Es ist absolut unmöglich einen Impfgegner von seiner Meinung ab zu bringen und sie wollen darüber auch gar nichts hören.
(Oft haben beide Seiten die jeweiligen Veröffentlichungen nicht gelesen. Und die von der Gegenseite schon gar nicht. Es genügt, dass es grundsätzlich „wissenschaftliches“ Material dazu gibt und ab da werden nur noch Meinungen vertreten als gälte es, die letzte Bastion gegen den finalen Sturm zu verteidigen). Aber das nur am Rande. Studien sind ja eh ein Thema für sich. Zurück zu den verhärteten Fronten.
Das ist doch komisch. Schließlich sollte doch ein besorgter Elternteil sich beruhigt zeigen, wenn klar wird, dass alles in bester Ordnung ist und das Wohl des Kindes in guten Händen liegt. Da ist nur ein Schluss möglich: Vielleicht geht’s gar nicht ums Impfen.
Das gehört natürlich auch ganz oben in den Korb derjenigen, die gegen Impfungen sind und wird daher vermutlich kein Gehör finden. Schade, aber danke für’s Lesen bis hierher.
Um meinen Gedanken da nun etwas auszuführen, müssen wir ein paar Haken schlagen. Keine Angst, ich nehme alle mit, es geht nur um ein paar Ecken. Gleich sind wir da.
Von dieser Sorte Konflikt gibt es mehrere. Da sind nicht nur Impfgegner sondern auch Eltern, die „Purity“-Bälle veranstalten, damit die Kinder unbedingt keinen Sex haben. Und auch wirklich so gar keinen. Oder Leute, denen die Adern zuschwellen, wenn man ihnen Blut abnimmt oder sie eine Infusion bekommen (weshalb sie beides natürlich als gefährlich empfinden). Die Gemeinsamkeit ist hier, dass da etwas in einen eindringt. Etwas fremdes, nicht zu einem selbst gehörenden, am Ende sogar chemisch!
Dieser Gedanke, dass etwas in einen eindringt kann zu tiefst verstörend sein, wenn man damit beschäftigt ist, die eigene Unabhängigkeit sicher zu stellen. Mit so etwas haben Menschen zu kämpfen, die früher schlechte Erfahrungen mit ihren eigenen Grenzen gemacht haben, weil andere Menschen darüber getrampelt sind und sie nun um jeden Preis unabhängig bleiben wollen. Dann lässt man nichts und niemanden an sich ran. Keinen Mann und keine Nadel.
Das macht Sinn. Ein Mensch, der erfahren hat, wie schlecht es ihm ergeht, wenn ein anderer Mensch so brutal seine Grenzen ignoriert, wird sich zurecht gegen alles wehren, was dieser Erfahrung ähnelt. Es geht dabei nicht unbedingt um das konkrete Ereignis. Das kann ganz unterschiedlich aussehen: Von Vergewaltigung bis hin zu einem einnehmenden und über-fürsorglichen Elternteil, das es nicht ertragen kann, das Kind unabhängig und eigenständig zu sehen.
Als Folge wird alles abgewehrt, was wieder in einen eindringt, die Grenzen verletzt oder die eigene Unabhängigkeit gefährdet. Die Nadel wird zur Waffe, die die Haut (Grenze) durchstößt und der Impfstoff besteht aus feindlicher Chemie (im Gegensatz zur organischen Biologie, die als freundlich weil „natürlich“ erlebt wird).
Jemandem, der von diesen Ängsten und Sorgen umgetrieben wird, kommt man nicht mit rationalen Argumenten über Maserstatistiken und Ansteckungsrisiken bei. Darum geht‘s ihnen ja gar nicht. Da hat sich eine fundamentale Angst an die Oberfläche gebuddelt und krallt sich an eine bestimmte Thematik um ausgelebt und befriedigt zu werden.
Es passiert uns Menschen oft, dass wir etwas fürchten und es dann auf etwas ganz anderes hin verschieben. Das ist kein Zeichen von Dummheit. Es läuft nach einem klaren Muster mit dem Ziel, den verfolgenden Dämon dieses Mal zu besiegen, und frei, unabhängig und unversehrt zu bleiben.
Nur leider ist es oft nicht von Erfolg gekrönt. Menschen, die diese Kämpfe ausfechten, leiden. Impfgegner gehören zu einer kleinen Minderheitsgruppe, die von allen anderen hart an den Rand gedrängt werden, weil sie ja so absolut unsinnig und uneinsichtig wären und sich selbst und andere gefährden. Die von ihnen so gefürchtete medizinische Behandlung können sie oft nicht bekommen, da sie auf Transfusionen tatsächlich allergisch reagieren und gar keine positiven Erfahrungen sammeln können.
Dazu sei gesagt, dass ich hier keine abgefahrenen Wahrheiten verkünde. Dies ist eine mögliche Interpretation und viele Menschen werden widersprechen und das ist gut so. Mir ging es darum, aufzuzeigen, dass manchmal ganz andere Dinge verborgen liegen könnten, die erklären warum Menschen ab und an für andere so wenig nachvollziehbar handeln. Auf manchen mag‘s zutreffen auf andere nicht. Vielleicht regt es aber zum Denken an.
Solange unklar ist, was das eigentliche Problem ist, können wir uns gar nicht darüber unterhalten. Erst wenn wir wissen, wo das Problem seine Wurzeln eingegraben hat und was vielleicht tiefer hinter den Leiden und Ängsten steckt, kann man sich Gedanken darüber machen, ob das alles so bleiben soll. So lange das nicht klar ist, kann auch nichts verändert werden.